ORC-Doublehanded-WM: Vize-Weltmeister mit „Lightworks“

von Tatjana Pokorny / www.yacht.de / 05.07.2022

Bei der ORC-Doublehand-WM haben zwei deutsche Duos abgeräumt: Jonas Hallberg und Till Barth sind Weltmeister, Michael Höfgen und Max Gurgel holten Silber

Die deutschen Doublehand-Segler haben bei der Weltmeisterschaft in Schweden zugeschlagen. Die ORC-Welttitelserie für Zweihand-Teams wurde im Rahmen des Klassikers Gotland Runt in drei Kategorien (A, B, C) ausgetragen. Die mittlere Division haben die beiden JPK-10.30-Geschosse „Hinden“ und „Lightworks“ dominiert. Den WM-Titel holte die „Hinden“, auch wenn sie nach der „Lightworks“ ins Ziel kam. Die neuen Weltmeister Jonas Hallberg und Till Barth waren ohne Wasserballast unterwegs und nutzten den clever kalkulierten Vorteil des größeren Handicaps zum Siegeszug. Bei durchschnittlich eher leichteren Winden war die Rausnahme des Wasserballasts aus dem Messbrief bei der WM das Ass im Ärmel der erfahrenen JPK-Meistersegler. Dass die WM-Erfolge am Dienstagabend erst mit Verzögerung offiziell bestätigt werden konnten, lag an einer nicht unüblichen, aber aufwändigen Nachvermessung des Siegerbootes und dem entsprechend langen Warten auf grünes Licht durch das ORC.     Die Forderung nach einer Nachvermessung erwischte die neuen Zweihand-Weltmeister in Kategorie B kurz nach der Ankunft. „Da kommst du an und musst dein Boot bis auf den letzten Krümel leerräumen. Das ist schon hartes Brot“, erzählte Jonas Hallberg, dem die Langstrecke wie allen Teilnehmern in den Knochen steckte, „wir wollten uns eigentlich gerade gemütlich hinsetzen und alles mal sacken lassen. Wir hatten nur einmal kurz mit unseren Familien telefoniert, da stand schon der Vermesser auf der Matte. Ja, klar, ich kann mir gerade nichts Schöneres vorstellen …“ Nachvermessungen gehören im Top-Regattasport der ORC-Big-Boats dazu wie Doping-Tests im Leistungssport. Jonas Hallberg, Till Barth und ihre „Hinden“ überstanden sie mit Bravour. Danach konnten sie ihren Erfolg entspannt genießen und feiern. Über den Start ohne Wasserballast sinnierte Hallberg auch nach der Entscheidung noch: „Es ist sehr cool, dass wir den Kampf um den Titel mit Michi Höfgen und Max Gurgel unter uns ausmachen konnten. Am Ende tut es mir fast ein bisschen leid, dass wir den Wasserballast aus dem Messbrief genommen haben. Vielleicht wäre es mit gleichen Waffen noch schöner gewesen. Aber wir wussten, dass statistisch der Wind in diesem Monat in dem Revier am leichtesten ist. Und wir hatten auch schon im Rund Skagen mit kleiner Crew bei mehr Wind keinen Wasserballast benutzt …“

Jonas Hallberg ließ auch Revue passieren, wie es zum Titelerfolg kam: „Ich bin sprachlos. Das ist richtig, richtig cool, und wir sind megastolz. Wir waren am Start ein bisschen langsam. Das haben wir ein wenig bereut, weil wir zunächst immer in Schütte der anderen Boote segelten, während Michi und Max (Red.: gemeint ist die „Lightworks“-Crew mit Michael Höfgen und Max Gurgel) mit den anderen JPKs vorne ein bisschen freieren Wind hatten und wegfahren konnten. Es war dann recht hart, auf der ersten Nacht auf der Kreuz bei ganz wenig Wind wieder aufzuholen. Zum Glück sind wir drangeblieben, am Ball geblieben, haben hart gekämpft und auf unsere Chance heute Morgen gewartet, als endlich Wind kam. Da haben wir die Pocke hochgepackt und richtig den Hebel auf den Tisch gelegt.“ Hallbergs Mitstreiter Till Barth freute sich darüber ebenso: „Es ist überwältigend und sehr überraschend. Ein Riesenglücksgefühl, das man kaum beschreiben kann. Der Schärengarten war anstrengend für uns. Wir haben eigentlich keine Fehler gemacht. Dann sind wir auf die freie See. Da war es noch ein bisschen milde vom Wind her. Aber je mehr der Wind zunahm, je angenehmer wurde es. Heute war ein magischer Tag, was das Segeln angeht. Das hat wunderbar funktioniert. Wir sind durch einen Korridor von großen Yachten gesegelt, geflogen vielmehr. Es war fantastisch! Wir werden wohl ein, oder zwei Bier trinken …“

 

Vizeweltmeister Max Gurgel sagte im schönen Zielhafen Sandhamn, während die DJ-Musik im Hafen schon für Stimmung sorgte: „Schon als ich die ersten paar Routings gerechnet habe, war ersichtlich, dass die Boote gut segeln werden, die ordentlich ins Glitschen kommen. Es herrschten dann auf dem Kurz so gute Glitschbedingungen, dass normale Verdränger auf dem letzten langen Abschnitt keine Chance hatten.“ Für Gurgel und Höfgen wurde die WM zum Segelgenuss. Gurgel erzählt: „Wir sind Top-Speeds ohne Ende gefahren. Das Glitschen hat extrem viel Spaß gemacht. Irgendwann haben wir aufgehört, die Anzahl der durchschlagenen 18-Knoten-Marken zu zählen. Mindestens dreimal haben wir die 20 Knoten überboten. Unser Top-Speed lag bei 21,4 Knoten!“

Zum Unterschied der JPK 10.30 „Lighworks“ im Abgleich zur Schwester „Hinden“ sagte Gurgel: „Dass sie ohne Wasserballast gefahren sind, machte acht Sekunden pro Meile aus. Wir selbst haben darüber vorher gar nicht nachgedacht. Für mich gehört Wasserballast zu einer JPK dazu. Aber da ist Jonas einfach sehr viel erfahrener, segelt sein Boot mehrmals die Woche nach Feierabend. Micha und ich hatten vorher nur ein paar Wasserstunden zusammen. Wir gratulieren der „Hinden“-Crew und freuen uns auch sehr über Platz zwei.“ Platz drei sicherte sich das finnische JPK-10.30-Team mit Jens Krogell und Ville-Veikko Miskanen auf „AlmaVida“. Rasmus Töpsch und Bertil Balser segelten mit der JPK 10.10 „Sharifa“ auf Platz neun.